Arithmetik

[ Entwicklung unserer heutigen Zahlenschreibweise ]

Unsere heutige Methode der Zahlendarstellung stammt aus Indien. Durch die Vermittlung der Araber gelangte die indische Zahlenschreibweise in den abendländischen Kulturkreis. Deshalb sprechen wir fälschlich von einer "arabischen" Ziffernschreibweise. Wir müßten wohl genauer vom "indischen" Zahlensystern sprechen.

Im 3. Jahrhundert vor Christus findet man in den indischen Quellen schon ausgeprägte Zahlenschriften. Man kennt zwei Schriftarten aus dieser Zeit, die Brahmi-und die Kharostiziffern:

Die Brahmiziffern werden als Urahnen der arabischen Ziffern angesehen. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 595 nach Christus findet man die Zahl 346 durch Brahmiziffern in einem dezimalen Positionssystem angeschrieben. Es handelt sich dabei um den bislang frühesten Beleg für "unsere" Schreibweise, der bisher bekannt ist.

Die Inder trauten dem geschriebenen Wort nur wenig, sondern verließen sich eher auf das Gedächtnis und faßten ihre mathematischen Probleme und deren Lösungen in Gedichtform. Um nun die Zahlen in Versen verwenden zu können, wurden sie mit anderen als ihren ursprünglichen Namen belegt. So wurde etwa 1 mit "Mond" bezeichnet (es gibt nur einen Mond) oder 3 mit "Brüder" (Rama hatte 3 Brüder). Auf diese Weise lernten die indischen Astronomen angeblich sogar ganze Sinustafeln auswendig. Die in ihrer Bedeutung am schwierigsten zu verstehende Zahl war sicher die Null. Man glaubt heute, daß die Inder den kleinen runden Kreis als Zeichen für eine Leerstelle von den Griechen übernommen haben. Die Inder bauten das Symbol in ihre dezimale Schreibweise in unserem heutigen Sinn in. Die erste Quelle, die wir kennen, in der die Null in moderner Bedeutung vorkommt, ist eine Inschrift von Gwalior aus dem 8. Jahrhundert nach Christus.

Das indische System der Ziffernschreibweise wurde von den Arabern übernommen. Al-Khwarizmi machte das System und das Rechnen darin im islamischen Kulturkreis populär. Interessant ist, was al-Khwarizmi über die Null schreibt:

"Wenn beim Subtrahieren nichts übrigbleibt, schreib dann einen kleinen Kreis, damit der Platz nicht leer bleibt. Der kleine Kreis muß den Platz einnehmen, weil es sonst weniger Stellen werden und zum Beispiel die zweite für die erste gehalten wird."

Die neue Ziffernschreibweise wurde von den arabischen Gelehrten rasch angenommen, und es wurde eine Vielzahl von Arithmetikbüchern produziert. Es bildeten sich ostarabische und westarabische Zahlzeichen aus. Die westarabischen GobarZiffern tauchten erstmals im 11. Jahrhundert in Spanien auf. Aus ihnen haben sich unsere heutigen Ziffernsymbole entwickelt.

In Spanien wurde im 12. Jahrhundert auch die "Arithmetik" des al-Khwarizmi übersetzt, und damit wurde die indische Positionsarithmetik in Europa bekannt.

Die Erfassung des gesamten Zahlenrechnens durch die vier Grundrechnungsarten bildete sich erst langsam aus. So liest man beispielsweise in einem mittelalterlichen Manuskript des Alexander de Ville-Dieu noch:

"Septem sunt partes, non plures, istius artis: Addere, subtrahere, duplare, dimidiare; Sextaque dividere, sed quinta multiplicare; Radicem extrahere pars septima dicitur esse."

Auch Georg von Peuerbach schreibt im 15. Jahrhundert in seinem Arithmetiklehrbuch "Elementa arithmeticae" noch ein Kapitel über das Halbieren und eines über das Verdoppeln.

In den frühen arabischen Rechenbüchern wird die Addition von links her durchgeführt. Die Addition von 7432 und 839 sieht so aus (das Verfahren erinnert stark an das Abakusrechnen):

 

Schließlich setzt sich aber die Methode durch, mit der, kleinsten Stelle beginnend zu addieren. Bei al-Kasi finden wir schon unsere heutige Form. Er schreibt die Summe unter die Summanden, getrennt durch einen Strich:

Unsere moderne Subtraktionsmethode hat sich erst allmählich entwickelt. Petrus Ramus beschreibt beispielsweise seine Subtraktionsmethode auf folgende Weise an Hand des Beispiels 4 3 2 - 3 4 5:

"Wenn ich 3 von 4 abziehe, schreibe ich nicht 1 darüber, weil an der folgenden Stelle die 4 größer ist als die darüberstehende 3, sondern behalte die 1 im Kopf. Wird die 4 von 13 abgezogen, so bleiben 9, was ich aus demselben Grund nicht hinschreibe, ich schreibe statt dessen 8 und behalte 1 im Kopf ... Nachdem 5 von 12 abgezogen sind, notiere ich den Rest 7."

Im 16. Jahrhundert verwendete man häufig die Methode der dekadischen Ergänzung der Subtrahendenziffer. Man ging nach folgendem Schema vor:

Bereits Leonardo von Pisa subtrahierte nach der Methode

Eine Abart davon, die sogenannte Österreichische Methode, verwenden wir noch heute. Will man 826 - 483 berechnen, so faßt man das Problem so auf, daß man jene Zahl finden will, die zu 483 addiert 826 ergibt. 3 und 3 ergibt 6; 4 addiert zu 8 gibt 12; man notiert 4 und zählt im Kopf 1 zur nächsten Stelle 4, was 5 ergibt. 3 und 5 ergibt 8, also ist 826 - 483 = 343. Diese Methode wurde 1821 in dem in Prag erschienenen "Handbuch der Mathematik" von Bittner propagiert. Erklärt wurde sie in Salomons "Lehrbuch der Arithmetik und Algebra" (Wien, 1849).

Unsere heutige Methode der Multiplikation tauchte im 15. Jahrhundert in Italien auf, ebenso die heutige Division. Diese Algorithmen wurden durch die Rechenmeister in weiten Kreisen verbreitet und seit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht zumindest in Mitteleuropa Grundkenntnis fast jedes Menschen.

 

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