Pythagoras

[ Der Satz des Pythagoras ]

Der Satz von Pythagoras hat in jedem Mathematikcurriculum seinen festen Platz. Obzwar er nach Pythagoras benannt ist, war dieser Satz schon in vorgriechischer Zeit bekannt. Seinen Namen verdient er allerdings insofern zu Recht, als er von den frühen Pythagoräern erstmals bewiesen wurde. Ob dieser Beweis aber von Pythagoras selbst stammt, ist mehr als zweifelhaft. Über den Beweis, der von den Pythagoräern gegeben wurde, können wir nur Vermutungen anstellen. Man glaubt heute, daß es wahrscheinlich ein Flächenteilungsbeweis der folgenden Art war:

Wir bezeichnen die beiden Katheten eines vorgegebenen rechtwinkeligen Dreiecks mit a und b, seine Hypotenuse mit c. Nun zeichnen wir zweimal ein Quadrat mit der Seitenlänge a+b. Diese beiden Quadrate werden auf folgende Weise zerteilt:

Zieht man das rechtwinkelige Dreieck links und rechts viermal ab, so haben die verbleibenden Figuren gleichen Flächeninhalt; es genügt zum Beweis des Satzes von Pythagoras, zu zeigen, daß in der rechten Figur ein Quadrat der Seitenlänge c übrig bleibt, und dazu genügt offensichtlich der Nachweis, daß die Winkel des dem Quadrat mit der Seitenlänge a+b eingeschriebenen Vierecks alle 900 betragen. Das aber ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, daß die Winkelsumme im Dreieck gleich zwei rechten Winkeln ist, was den Pythagoräern bereits wohlbekannt war. Somit haben wir also gezeigt:

Das Quadrat über der Hypotenuse eines rechtwinkeligen Dreiecks ist flächengleich der Summe der Quadrate über den Katheten.

Der Satz von Pythagoras hat viele an der Mathematik interessierte Geister fasziniert. Immer wieder tauchen neue Beweise dieses Satzes auf. E.S. Loomis hat 370 Beweise gesammelt, klassifiziert und in einem Buch publiziert. Manche dieser Beweise stammen von berühmten Persönlichkeiten aus der Mathematikgeschichte, aber auch aus der Kunst und der Politik. Viele Beweise aber wurden auch von Schülern selbständig entdeckt.

Im folgenden soll Einer aus den vielen Beweismöglichkeiten für den Satz von Pythagoras angegeben werden, und zwar mit dem Beweis aus Euklids Elementen, einem Muster an logischer Klarheit und Eleganz. Loomis kritisiert einige Geometrielehrbücher seiner Zeit, die den Beweis des Satzes von Pythagoras nach Euklid nicht bringen, mit den Worten:

"Das Weglassen von Euklids Beweis ist so, als ob man Shakespeares Hamlet ohne den Hamlet spielen würde."

Wir zitieren den Beweis aus einer Übersetzung der Elemente von Euklid:

"Sei ABC ein rechtwinkeliges Dreieck mit dem rechten Winkel BAC. Wir zeichnen über das Quadrat BDEC, über bzw. die Quadrate BAGF bzw. ACKH. Nun zeichnen wir durch A eine Parallele AL zu BD und verbinden die Punkte A und D, sowie F und C.

Da die Winkel BAC und BAG beide rechte Winkel sind, so bilden an der Geraden BA im Punkt A die zwei nicht auf derselben Seite liegenden Linien AC, AG Nebenwinkel, die zusammen gleich zwei rechte Winkel sind. Also wird durch CA gerade fortgesetzt. Aus demselben Grund wird durch BA gerade fortgesetzt. Ferner ist DBC = FBA, denn beide sind rechte Winkel. Daher füge man ABC beiderseits hinzu. Dann ist der ganze Winkel OBA dem ganzen Winkel FBC gleich. Da ferner =und =, so sind die zwei Seiten , den zwei Seiten , (überkreuz) entsprechend gleich. Nun ist

DBA = FBC, also ist = und ABD =FBC. Ferner ist das Rechteck BL = 2ABD, beide haben ja dieselbe Grundlinie und liegen zwischen denselben Parallelen BD, AL. Auch ist das Quadrat GB = 2FBC, beide haben ja wiederum dieselbe Grundlinie, nämlich , und liegen zwischen denselben Parallelen FB, GC. Also ist das Rechteck BL gleich dem Quadrat GB. Ähnlich läßt sich, wenn man und zieht, zeigen, daß das Rechteck CL gleich dem Quadrat HC ist. Also ist das ganze Quadrat BDEC gleich der Summe der zwei Quadrate CB und HC. Dabei ist das Quadrat BDEC über gezeichnet und GB bzw. HC über bzw. . Also ist das Quadrat über der Seite den Quadraten über den Seiten , zusammen gleich."

Dieser geometrische Beweis ordnet sich ebenfalls in die Klasse der Flächenteilungsbeweise ein. Die Abbildung zeigt den Euklidischen Beweis des Satzes von Pythagoras aus der Übersetzung Tabit ibn Qurras ins Arabische.

In diesen Beweis hat Euklid den Beweis des sogenannten "Kathetensatzes" mitverpackt ("das Rechteck BL ist gleich dem Quadrat GB").

Aus dem Satz von Pythagoras und dem Kathetensatz kann man unmittelbar den Höhensatz herleiten:

Nach dem Satz von Pythagoras gilt:

Mittels des Kathetensatzes haben wir:

Durch Gleichsetzen der rechten Seiten dieser beiden Gleichungen gelangt man zu:

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