[ Anfänge ]
Das frühe Christentum war in Erwartung des baldigen Weltendes an der Wissenschaft nicht interessiert. Als dann das Christentum aber zur Staatsreligion des Römerreiches wurde, begann man, den Glauben vom Verstand her zu untermauern. Es treten die ersten geistlichen Kirchenlehrer auf (Origines, Gregor von Nyssa, Augustinus U.a.). Diese betrachten die antike Philosophie als Vorstufe der christlichen Philosophie und übernehmen auch die Wertschätzung der antiken Philosophie für die Mathematik. Sie bauen daher die Theologie axiomatisch nach mathematischem Vorbild auf. Im Schulwesen - das natürlich nur der Oberschicht zugänglich war - wird eine gewisse Standardisierung erzielt. Die Grundlage der Allgemeinbildung und des Lehrplans sind die sieben Artes liberales (gegliedert in Quadrivium und Trivium). Boetius, Cassiodorus und Isidorus von Sevilla schrieben Lehrbücher über das Quadrivium (in lateinischer Sprache), welche die elementaren Kenntnisse der Griechen aus Zahlentheorie und Geometrie über die Stürme der Völkerwanderung hinweg retteten.
Aus der Frühzeit der Germanenherrschaft in Europa ist in mathematischer Hinsicht nur Beda Venerabilis (um 700) einigermaßen erwähnenswert, der in England lebte. Er verfaßte eine Anweisung für die Berechnung des Osterdatums und gab die älteste schriftliche Erläuterung des sogenannten Fingerrechnens. Karl der Große berief etwas vor 800 den Engländer Alkuin von York an seinen Hof; dieser verbesserte das Unterrichtswesen in Frankreich und verfaßte Schulbücher. Von Gerbert (der 999 zum Papst gewählt wurde und sich als Papst Silvester 11. nannte) stammt die erste uns überlieferte Darstellung des Abakusrechnens. Gerbert verwendete bereits bezifferte Rechensteinchen, die mit indischen Ziffern bezeichnet waren (wahrscheinlich waren diese von den Arabern in Spanien übernommen), wobei aber die Null noch fehlte. Er schrieb auch ein Lehrbuch der Geometrie, das aber verlorengegangen ist und nach den darüber überlieferten Berichten auf sehr tiefem Niveau stand.
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