[ Der Ausbau des Calculus ]
Dieser erfolgt vor allem durch die Schüler von Leibniz auf dem Kontinent. Die bedeutendsten dieser Schüler stammen aus einer einzigen Familie, nämlich der Familie Bernoulli, die in Basel beheimatet war.
Der Stammbaum der Wissenschaftler in der Familie Bernoulli:
Die wichtigsten Mathematiker dieser Familie waren die Brüder Jakob und Johann, die zunächst eng und freundschaftlich zusammenarbeiteten und sich beide als Schüler Leibniz anschlossen, später aber zu streiten begannen. Jakob leistete bedeutende Beiträge zur Entwicklung des Calculus, betrachtete als erster ein elliptisches
Integral, schrieb eine große Abhandlung über elastische Körper und das erste Lehrbuch der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die "Ars conjectandi". Daniel (I) Bernoulli Leonhard Euler Johann hat ebenfalls den Calculus ausgebaut, begründete die Variationsrechnung und gab verschiedene Anwendungen des Calculus auf physikalische und technische Fragen, z.B. entwickelte er das Stoßgesetz. Als Professor in Basel hatte er eine Reihe von bedeutenden Schülern, zu denen auch Leonhard Euler gehörte. Einer der ersten Schüler von Johann Bernoulli war Antoine de l'Hospital, ein französischer Adeliger. Vom Glanz der Mathematik angezogen, engagierte er Bernoulli als Hauslehrer und vereinbarte, daß ihm dieser gegen ein regelmäßiges erhebliches Gehalt alle seine Entdeckungen zur freien Verwendung überlassen werde. De l'Hospital verfaßte mit Bernoullis Hilfe das erste im Druck erschienene Lehrbuch des Calculus: "Analyse des infiniment petits", Paris 1696. Dieses Werk blieb einen Großteil des 18. Jahrhunderts hindurch das Standardwerk auf dem Gebiet des Calculus und trug beträchtlich zur Popularisierung der Leibnizschen Form des Calculus bei. Auch de l'Hospitals posthum erschienenes ausgezeichnetes Werk "Traité analytique des sections coniques', war zum Teil von Bernoulli verfaßt. Nach dem Tod von de l'Hospital beschuldigte Bernoulli, der einen sehr streitsüchtigen Charakter hatte, diesen offen des Plagiats, heute weiß man aber, daß de l'Hospital auch selbst einiges zu seinen Büchern beigetragen hat (die nach ihm benannte Regel stammt allerdings von Bernoulli). Von den Söhnen Johann Bernoullis ist Daniel der bedeutendste. Er leistete wichtige Beiträge zur Hydrodynamik und vor allem zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, auf der auch sein Bruder Nikolaus arbeitete. Er war der Begründer der kinetischen Gastheorie und ein Pionier auf dem Gebiet der partiellen Differentialgleichungen. Insbesonders beschäftigte er sich auch mit der Theorie der schwingenden Saite.
In England wirkten im Anschluß an Newton ebenfalls einige tüchtige Mathematiker. Hier ist vor allem Abraham de Moivre (um 1700) zu erwähnen, ein aus Frankreich emigrierter Hugenotte. De Moivre leistete bedeutende Beiträge zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und behandelte in seinem Buch "Doctrine of Chances" auch Leibrenten und Lebensversicherungen. In einem anderen Buch von ihm finden sich bereits andeutungsweise die Hyperbelfunktionen sowie das nach ihm benannte Theorem, allerdings in einer zu der heute Üblichen Gestalt äquivalenten Form. Colin Mac Laurin (um 1720) und Brook Taylor (um 1710) beschäftigten sich ebenfalls mit Fragen des Calculus, erbrachten aber keine überragenden Leistungen.
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