Probleme der Zahlentheorie

[ Additive Probleme ]

Die Darstellung von natürlichen Zahlen als Summe von natürlichen Zahlen mit gegebenen Eigenschaften war seit altersher eine Quelle für zahlentheoretische Probleme. Schon in der Antike beschäftigte man sich mit der Darstellung einer Quadratzahl als Summe zweier Quadratzahlen, also mit den positiven ganzzahligen

Lösungen a, b, c der Gleichung + = , den sogenannten pythagoräischen Zahlentripeln (denn diese sind die Seitenlängen der rechtwinkeligen Dreiecke mit ganzzahligen Seiten). Vermutlich wußten schon die Babylonier, wie man alle pythagoräischen Tripel bestimmt, denn auf Keilschrifttäfelchen sind umfangreiche Listen von pythagoräischen Tripeln enthalten. Wir wollen in unserer Denk- und Bezeichnungsweise alle pythagoräischen Zahlentripel bestimmen (wobei wir uns auf den Satz von der eindeutigen Primzahlzerlegung stützen):

Zunächst genügt es, sich auf Tripel mit zueinander teilerfremden a, b, c, die sogenannten primitiven Tripel, zu beschränken, denn jedes beliebige Tripel wird aus einem primitiven Tripel durch Multiplikation mit dem größten gemeinsamen Teiler von a, b, c erhalten. In einem primitiven Tripel müssen aber je zwei der Komponenten teilerfremd sein, daher kann höchstens eine der drei Zahlen a, b, c gerade sein; da das Quadrat einer ungeraden Zahl ungerade und die Summe zweier ungerader Zahlen gerade ist, ist also genau eine der drei Zahlen gerade; diese kann aber nicht c sein, denn das Quadrat einer geraden Zahl gibt bei Division durch 4 den Rest 0, die Summe der Quadrate zweier ungerader Zahlen aber den Rest 2. Somit sind alle primitiven pythagoräischen Tripel (a,b,c) gegeben durch die primitiven Tripel mit geradem a und die daraus durch Vertauschen von a und b entstehenden Tripel. Wir brauchen also nur noch die Tripel der ersten Art zu bestimmen:

Aus + = folgt = (c - b) (c + b). Da c-b und c+b positiv und gerade sind, gilt a = 2u, c - b = 2v, c + b = 2w mit natürlichen Zahlen u, v, w; somit haben wir . Dabei sind v und w teilerfremd und nicht beide ungerade, denn andernfalls wären b = w – v und c = w + v nicht teilerfremd. Wegen des Satzes von der eindeutigen Primelementzerlegung gilt somit v = , w = mit natürlichen Zahlen r und s, daher a = 2rs, b = , c = mit teilerfremden, nicht gleichzeitig ungeraden Zahlen r und s, wobei r < s. Umgekehrt ist in jedem derartigen Tripel a gerade, es sind a, b, c teilerfremd, und es gilt + = .

Somit sind alle pythagoräischen Tripel bestimmt.

Pierre Fermat, der Begründer der neuzeitlichen Zahlentheorie, schrieb etwa 1637 in sein Exemplar der Bachetschen Ausgabe der "Arithmetika" des Diophantos bei der Aufgabe, eine Quadratzahl in die Summe zweier Quadratzahlen zu zerlegen, folgende Bemerkung:

"Cubum autem in duos cubos, aut quadrato-quadratum in duos quadrato-quadratos, et generaliter nullam in infinitum ultra quadratum potestatem in duas eiusdem nominis fas est dividere; cuius rei demonstrationem mirabilem sane detexi. Hanc marginis exicuitas non caperet".

Also auf Deutsch: Eine Kubikzahl in zwei Kubikzahlen, eine vierte Potenz in zwei vierte Potenzen und allgemein eine beliebige Potenz, die höher ist als ein Quadrat in zwei Potenzen mit demselben Exponenten zu zerlegen ist unmöglich; ich habe dafür einen wirklich wunderbaren Beweis entdeckt. Aber der Rand ist hier zu klein, um ihn darauf aufzuschreiben.

Damit hat Fermat den späteren Mathematikergenerationen eine Nuß hinterlassen, die sie bis heute nicht knacken konnten, der "wirklich wunderbare" Beweis von Fermat konnte nämlich trotz intensiver Bemühungen vieler Mathematiker nicht gefunden werden, so daß die Behauptung Fermats immer noch offen ist. Vermutlich hat Fermat bei seinem (wahrscheinlich falschen) Beweis die von ihm entdeckte Methode der "Descente infinié" verwendet, die im wesentlichen darauf beruht, zu zeigen, daß dann, wenn eine Behauptung für eine gegebene natürliche Zahl einer Klasse von Zahlen unrichtig ist, es stets eine kleinere Zahl dieser Klasse gibt, für die sie auch unrichtig ist. Daraus folgt dann, daß die Behauptung für alle Zahlen der Klasse richtig ist, denn in der Menge der Zahlen der Klasse, für die sie unrichtig ist, müßte es ja sonst eine kleinste geben.

Als einfaches Beispiel für die Anwendung dieser Methode führen wir vor, wie Fermat bewiesen hat, daß die Gleichung in natürlichen Zahlen unlösbar ist (daraus folgt unmittelbar die Unlösbarkeit von ).

Wir haben zu zeigen, daß für kein natürliches z in natürlichen Zahlen x und y lösbar ist. Sei die Gleichung für ein z lösbar. Gilt für der größten gemeinsamen Teiler t der Lösung x, y, z dann t > 1, dann gilt auch

,

die Gleichung ist also auch für lösbar. Sind aber x, y, z teilerfremd, dan ist , , z ein primitives pythagoräisches Zahlentripel. Ist gerade (falls gerade ist, schließen wir genauso), dann gilt nach unseren Ergebnissen von vorher =2rs, = - , z = + mit teilerfremden Zahlen r und s, von denen genau eine gerade ist; wäre s gerade, so wäre + = eine durch 4 teilbare Summe zweier ungerader Quadratzahlen; daher ist r gerade, und somit ist auch r, y, s ein primitives pythagoräisches Zahlentripel. Aus = 2rs erhalten wir

s = , r = 2, daher gilt 2 = 2uv, = + mit teilerfremden Zahlen u, v, somit u = , v = und damit = + . Nun gilt aber z = + 4 > A, und die Gleichung

ist also für A< z lösbar. Nach dem Prinzip der "Descente infiniè" ist die Gleichung daher für alle z unlösbar.

Ein anderes sehr berühmtes Problem der "additiven" Zahlentheorie warf C. Goldbach 1742 in einem Brief an Euler auf, indem er die Vermutung aussprach, daß jede gerade Zahl mit Ausnahme von 2 und 4 als Summe zweier ungerader Primzahlen dargestellt werden kann. Diese "Goldbachsche Vermutung" ist bis heute unbewiesen; im Jahre 1937 konnte aber Vinogradow mit sehr tiefliegenden analytischen Hilfsmitteln beweisen, daß jede ungerade Zahl als Summe von drei ungeraden Primzahlen dargestellt werden kann.

Schließlich wollen wir noch das "Waringsche Problem" erwähnen. Waring formulierte 1782 ohne Beweis folgenden Satz:

Zu jeder natürlichen Zahl s gibt es eine natürliche Zahl k, so daß jede natürliche Zahl n als Summe von k nicht negativen s-ten Potenzen ganzer Zahlen dargestellt werden kann.

Waring vermutete auch, daß das kleinste k = g(s), mit welchem bei gegebenem s jedes n als Summe von s-ten Potenzen dargestellt werden kann, gegeben ist durch die Formel

(wobei [r] wie üblich die nächste ganze Zahl, die kleiner oder gleich r ist, bezeichnet).

Den Satz von Waring hat Hilbert 1909 bewiesen; der Beweis ist natürlich schwierig und langwierig. Inzwischen wurde auch Warings Vermutung über g(s) für alle s 200000, ausgenommen s = 4, bewiesen (schon Lagrange hatte gezeigt, daß g(2) = 4, während g(5) = 37 erst 1964 gezeigt werden konnte).

Daß es auch auf dem Gebiet der additiven Zahlentheorie immer wieder bedeutende neue Resultate gibt, hat sich erst vor wenigen Jahren gezeigt, als Gerd Faltings bewies, daß die Fermat-Gleichung für n>2 jedenfalls höchstens endlich viele ganzzahlige Lösungen besitzt.

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