Renaissance

[ Die Frühzeit ]

In der Anfangszeit der Renaissance war die Universität Wien das Weltzentrum der Mathematik. An dieser Universität, die 1365 gegründet worden war, wirkten im 15. Jahrhundert drei bedeutende Gelehrte: Johannes von Gmunden (um 1410) Georg von Peuerbach (um 1450) und Johannes Müller. genannt Regiomontanus (um 1460). Die Hauptleistungen dieser drei Gelehrten liegen auf dem Gebiet der Astronomie und der dafür notwendigen mathematischen Hilfsmittel. Johannes von Gmunden begann eine Neuberechnung der Alfonsinischen Planetentafeln (Tafelwerk über die Bewegung der Sonne, des Mondes und der Planeten; benannt nach Alfons von Kastilien, der sie um 1270 aus arabischen Quellen zusammenstellen ließ), erfand astronomische Beobachtungsinstrumente und Regiomantanus schlug in der Winkelmessung bereits zentesimale Teilung vor. Er beschäftigte sich auch mit Kartographie. Georg von Peuerbach, der auch ein namhafter Humanist war, schrieb ein sehr populäres Lehrbuch der Planetenbewegung auf Grund des ptolemaischen Weltsystems ("Theoricae novae planetarum"), verfaßte elementare Rechenbücher und Tafeln von Finsternissen. Sein bedeutendstes Werk sind die "Epitoma in Almagestum Ptolemaei", die nach seinem Tod von seinem Schüler Regiomontanus vollendet wurden. Regiomontanus (der aus Franken stammt) wirkte ebenfalls zunächst an der Wiener Universität, war dann aber in Italien und Deutschland tätig. Er verfaßte unter dem Titel "De triangulis omnimodis libri quinque" die erste selbständige und zusammenhängende Darstellung der ebenen und sphärischen Trigonometrie auf europäischem Boden und ging darin in Inhalt und Stil über seine arabischen Vorgänger hinaus. Er hat damit die Trigonometrie im Abendland heimisch gemacht. Ferner verfaßte er eine Reihe kleinerer Abhandlungen Über verschiedene mathematische Fragen.

Kurz nach 1500 nahm die Mathematik an der Universität Wien nochmals einen gewissen Aufschwung, um dann in einen dreihundertjährigen Dornröschenschlaf zu versinken. Der einzige wirklich erwähnenswerte Mathematiker dieser Zeit war hier Johannes Stöberer (Stabius) aus Steyr, der erste Projektionstheoretiker der Neuzeit. Stabius entdeckte eine herzförmige, flächentreue Projektion der Erde.

Ein bedeutender Humanist, der sich auch mit mathematischen Fragen beschäftigte, war Nikolaus Cusanus (um 1430). Er befaßte sich auf mathematischem Gebiet mit dem Problem der Kreisberechnung und fand einen sehr genauen Näherungswert für π .

Auf dem Gebiet der Geometrie fällt in das 15. Jahrhundert die Entdeckung und geometrische Begründung der Perspektive; diese wurde zunächst von italienischen Baumeistern und Malern entwickelt. Beiträge dazu gaben auch Leonardo da Vinci und Albrecht Dürer.

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