Probleme der Zahlentheorie

 

[ Zahlen mit speziellen Eigenschaften ]

Die ersten, die sich systematisch mit Eigenschaften der natürlichen Zahlen beschäftigten, waren wohl die Pythagoräer. Die arithmetischen Kenntnisse der Pythagoräer bilden den Inhalt der Bücher VII, VIII und IX der "Elemente" des Euklid, aber auch der "Einführung in die Arithmetik" des Neupythagoräers Nikomachos von Gerasa, der der Zahlenmystik des Pythagoras und seiner mathematischen Schüler viel näher stand als der nüchterne Mathematiker Euklid. Nikomachos behandelte in seinem Buch vor allem Zahlen mit speziellen Eigenschaften, wie etwa die Dreieckszahlen, das sind Zahlen der Gestalt 1 + 2 + . . . + n (der Name stammt daher, daß sich diese Zahlen durch folgende Figur wiedergeben lassen - wobei eine Einheit bezeichnet):

Insbesondere treten bei Nikomachos, aber auch schon bei Euklid, die "vollkommenen Zahlen" auf. Unter einer vollkommenen Zahl versteht man eine natürliche Zahl, die gleich der Summe ihrer echten Teiler ist (unter einem echten Teiler einer natürlichen Zahl versteht man einen positiven Teiler, der kleiner als diese Zahl ist). Über diese Zahlen beweist Euklid mit Hilfe seiner zahlentheoretischen Sätze:

Wenn die Summe 1 + 2 + + = p eine Primzahl ist, so ist p eine vollkommene Zahl.

Nikomachos gibt in seinem Buch die vollkommenen Zahlen 6, 28, 496 und 8128 an.

Das erste (und bisher einzige abgeschlossene) über Euklid hinausgehende Resultat über vollkommene Zahlen hat erst 2000 Jahre später Euler gefunden. Er hat nämlich bewiesen:

Die Zahlen der im Satz von Euklid gegebenen Form sind die einzigen geraden vollkommenen Zahlen.

Ob es auch ungerade vollkommene Zahlen gibt, ist bis heute noch nicht geklärt. Man hat nämlich bisher weder eine solche Zahl gefunden, noch konnte man beweisen, daß eine derartige Zahl nicht existiert. (Man weiß allerdings heute, daß eine derartige Zahl mehr als 100 Steilen haben müßte.)

Man kennt aber auch keineswegs schon alle geraden vollkommenen Zahlen, denn dann müßte man alle Primzahlen der Form 1 + 2 + ... + , also alle Primzahlen der Form - 1, die sogenannten Mersenneschen Primzahlen, kennen. Wegen

ist - 1 höchstens dann Primzahl, wenn m eine Primzahl ist; diese Bedingung ist aber nicht hinreichend, denn es ist etwa - 1 = 23.89. Mit Hilfe ausgeklügelter Rechenverfahren unter Einsatz von oft sehr beträchtlichen Rechenzeiten auf Großcomputern kann man allerdings - 1 für immer größere m daraufhin untersuchen, ob eine Primzahl vorliegt oder nicht. Derzeit kennt man 27 Mersenne-Primzahlen (die größte davon hat m = 44497), man ist aber wohl noch weit davon entfernt, zu wissen, ob die Anzahl der Mersenneschen Primzahlen und damit der geraden vollkommenen Zahlen endlich oder unendlich ist.

Gauß hat erkannt, daß die Fermatschen Primzahlen eine wichtige Rolle spielen bei der Frage, welche regelmäßigen n-Ecke sich mit Zirkel und Lineal konstruieren lassen. Schon im Alter von 19 Jahren entdeckte er nämlich 1796, daß diese regelmäßigen n-Ecke genau jene sind, bei denen in der Primfaktorzerlegung von n nur eine Zweierpotenz und Fermatsche Primzahlen in erster Potenz vorkommen. Für sind also mit Zirkel und Lineal konstruierbar genau die n-Ecke mit

n = 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 12, 15, 16, 17, 20.

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