Barock

[ Geometrie ]

Wie bereits erwähnt, fällt in den in diesem Kapitel betrachteten Zeitraum die Entstehung der analytischen Geometrie. Auf dem Gebiet der "reinen" Geometrie gab es in dieser Zeit hingegen relativ wenige Aktivitäten, es wirkten in ihr aber doch zwei bedeutende Geometer, nämlich Girard Desargues (um 1630) und Blaise Pascal (um 1650). Desargues, ein Baumeister, ging vom Studium der Konika des Apollonios aus und führte im Anschluß daran tiefliegende Untersuchungen über Kegelschnitte durch. 1639 veröffentlicht er ein Büchlein über Kegelschnitte, in welchem er diese wirklich als Schnitte eines Kegels mit einer Ebene darstellt. Diese Auffassung führt ihn dazu, Strahlen- und Ebenenbüschel zu betrachten, die Bedeutung des Involutionsbegriffes zu erkennen, das vollständige Viereck und Vierseit zu studieren, die Kegelschnittslehre durch zweimalige Zentralprojektion auf die Kreislehre zurückzuführen und dadurch zur Polarentheorie der Kegelschnitte zu gelangen. Die Rolle des unendlich fernen Punktes wird von ihm klar erkannt. Der nach Desargues benannte berühmte Satz wurde 1648 von einem seiner Schüler unter ausführlicher Berufung auf Desargues veröffentlicht. Desargues verwendet in seinem Werk eine bizarre neue Bezeichnungsweise, deren Termini er zum Teil der Botanik entnahm; dies macht das Studium des Werkes sehr schwierig. Auch war Desargues alles andere als ein umgänglicher Mensch, und seine Arbeitsrichtung entsprach nicht der damaligen Mode. Deshalb wurden seine Entdeckungen von den Zeitgenossen kaum beachtet und gerieten in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert wurden seine Untersuchungen wieder aufgegriffen und führten zu einer großen Blütezeit der projektiven Geometrie, als deren Stammvater Desargues jedenfalls anzusehen ist.

Einer der wenigen Anhänger des Desargues war Pascal. Seinen berühmten Satz über das Sechseck publizierte Pascal schon im Alter von 16 Jahren, ein weiteres Werk über Kegelschnitte wurde nicht gedruckt und ist verschollen. Pascal war sehr vielseitig; er arbeitete auch auf dem Gebiet der Hydrostatik und konstruierte, wie schon erwähnt, eine Rechenmaschine. Er befaßte sich auch mit der Wahrscheinlichkeitstheorie, die er zusammen mit Fermat begründete, und mit Kombinatorik, wo er wertvolle Ergebnisse erzielte, die er 1665 in dem Werk "Triangle arithmetique" veröffentlichte ("Pascalsches Dreieck"). In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich hauptsächlich mit Theologie, lieferte aber auch einige wertvolle kleinere Beiträge zur Infinitesimalrechnung. Er starb schon im Alter von 39 Jahren.

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